Risikomanagement jenseits seiner klassischen Grenzen
und warum die Lieferketteninflation das Schlagwort des Handels ist
Franz Christmann, CEO des Teilkonzerns POLIFILM TRADING, im Interview über
- den Handel in Zeiten von Krisen
- Warenverfügbarkeit als Synonym der Lieferketten
- die Auswirkungen auf die zukünftige Beschaffungsstruktur
In Zeiten von Pandemie, dem Krieg in der Ukraine sowie der Taiwan Diskussion, gewinnt die Bedeutung des klassischen Risikomanagements für viele an einer ganz neuen Dimension. Was beschäftigt Sie, angesichts dessen, dass die POLIFILM Trading ganz dicht am Handel ist besonders?
Meiner Ansicht nach, trifft es die Beschreibung, die eine Reihe von Banken aktuell nutzen, sehr gut. Lieferketteninflation ist das Stichwort, was am besten beschreibt, was uns seit einiger Zeit stark bewegt.
Würden Sie darauf für uns etwas genauer eingehen?
Das Preisgefüge wird extrem von den Faktoren Energiekosten, verfügbarem Personal und vor allem freien Containerplätzen bestimmt. Das gilt sowohl für Rohstoffe als auch fertige Waren, wie die POLIFILM TRADING sie vertreibt. Die Preise sind auf Rekordwerte gestiegen. Allerdings geht es seit Monaten nicht mehr nur um den Preis im Handelsgeschäft, die Warenverfügbarkeit steht ebenso, wenn nicht sogar verstärkt, im Fokus. In kürzester Zeit ist sie zum Pendant, fast zum Synonym, der Lieferkette geworden.“
Das klingt nach einem gewaltigen Einschnitt.
Es zeigt auf jeden Fall, dass die Bedeutung der Lieferketten lange Zeit unterschätzt wurden.
Sicherheitsbestände aufzubauen, ist ein Luxus, den man sich erst einmal leisten können muss.
Franz ChristmannCEO POLIFILM TRADING
Wie haben Sie bei der POLIFILM TRADING auf diese Verknappung und vor allem Unberechenbarkeit reagiert?
Wir haben das Glück, dass wir durch die Gruppenstruktur der POLIFILM weltweit auf Produktionen und dadurch auf Back-ups in Form von Ausgleichsstandorten für unsere Kunden zurückgreifen können, auch wenn dies mit reichlich Anstrengungen verbunden ist. Gleichzeitig setzen wir für unsere Kunden auf erhöhte Sicherheitsbestände. Allerdings muss man hier ganz offen sagen, dass ist ein Luxus, den man sich erst einmal leisten können muss. Die starke Gruppe im Rücken ist hier definitiv ein Pluspunkt.
Wie haben Sie die Stimmung bei Ihren Kunden wahrgenommen?
Es herrschte vermehrte Unsicherheit sowohl die Vollständigkeit der Sortimente als auch die Preisdiskussion betreffend. Hier stand und steht in Teilen immer noch ganz klar die Frage im Raum „ Was ist der richtige Preis?“
Woran machen Sie letzteres aus?
Es kommt zu wiederholten Diskussionen. In vereinzelten Fällen sehen wir auch erstmals Ausschreibungen.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit war für uns schon immer das
Franz ChristmannCEO POLIFILM TRADING
A und O.
Wie begegnen Sie dieser kundenseitigen Unsicherheit?
Partnerschaftliche Zusammenarbeit war für uns schon immer das A und O. Das sich der langfristige Vertrauensausbau auszahlt, haben auch die letzten Monaten gezeigt. Transparenz und eine gute Kommunikation auf allen Seiten haben uns immer gemeinsam die passende Lösung finden lassen. Das ganze Team hat einen tollen Job gemacht und unsere Partner zeigen sich sehr zufrieden.
Es macht nur dann Sinn, wenn wir das eingesparte CO2 durch Regranulat nicht wieder auf der Transportstrecke verlieren
Franz ChristmannCEO POLIFILM TRADING
Was nehmen Sie aus den letzten Monaten für die nächsten Jahre mit?
Bereits vor der Pandemie haben wir an der Verkürzung von Lieferketten gearbeitet. Hier wird es definitiv weiter gehen. Dies schließt vor allem ein Sourcing, weg von – rein aus Asien hin zu europäischen Produktionen, mit ein. Neben der Verkürzung der Wege, spielt dabei auch der geplante Portfolioausbau mit verstärkt Rezyklathaltigen Produkten eine treibende Rolle. Die Qualität an Regranulaten, die wir benötigen, ist aktuell auf dem asiatischen Markt nicht oder wenn nur in zu geringen Mengen verfügbar.
Im Zuge unseres ganzheitlichen Nachhaltigkeitsanspruchs, den wir als Gruppe forcieren, macht es auch nur dann Sinn, wenn wir das eingesparte CO2 durch Regranulat nicht wieder auf der Transportstrecke verlieren.
Wenn Sie also in drei Worten zusammenfassen müssten, welche Themen auf Ihrer Agenda stehen, welche wären dies?
Transportwege, Energie und Rezyklate.